Eine Liebeserklärung an Norderney

Fotos: Christiane Flechtner

Norderney ist eine der schönsten Inseln, die es gibt. So ganz unvoreingenommen bin ich nicht, denn ich bin hier aufgewachsen, aber wenn es um die Schönheit und Kraft der Natur geht, um Entschleunigung und Entspannung, dann ist die Ostfriesische Insel ein ganz einzigartiges Fleckchen Erde. 

Meer und Sand, Ebbe und Flut bestimmen den Rhythmus auf der Nordseeinsel. Eingereiht in die „Perlenkette“ der Ostfriesischen Inseln, liegt sie ausgestreckt zwischen Juist und der kleinen Insel Baltrum. Auf rund 16 Kilometern Länge und zwei Kilometern Breite bietet das Eiland ein wahres Kontrastprogramm– von Natur pur und Meerespower bis hin zu Kultur und Inselflair. Komplette Stille gibt es hier nie – wenn es stürmt, heult der Wind um die Ecken, und seine Kraft lässt die Blätter erbeben. Dann fegen kleinste Sandkörnchen über den Strand. Wie ein Schwarm Stare erheben sie sich vom Boden, machen einen Windtanz und vereinen sich Kilometer weiter wieder mit der Erde. Doch auch, wenn es mal windstill ist, dann ist von irgendwo das Meer und das Kreischen der Möwen, zu hören.

Zwischen Norderneys ältestem Naturschutzgebiet mit mehr als 40 Vogelarten und der Dünenlandschaft befindet sich der „Planetenweg“. Inmitten des Weltnaturerbes „Niedersächsisches Wattenmeer“ kann man auf den Spuren der uns nächsten Planeten „wandeln“ – und so auf anschauliche Weise die Größenverhältnisse in unserem Sonnensystem erleben. Mit der Sonne beginnt der Pfad, der das Sonnensystem in einem Maßstab von 1:1 Milliarde abbildet. Und so stehen entlang des Wanderweges maßstabsgerecht Pfeiler mit Planetenmodellen und Infotafeln. Wer gemütlich läuft, ist in etwa 20-facher Lichtgeschwindigkeit unterwegs und erreicht schon mit wenigen Schritten die ersten inneren Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars. Für die äußeren Planeten braucht man etwas länger. Dennoch erreichen die „Sternegucker“ nach weniger als einer Stunde Neptun und wenig später den Planetoiden Pluto. Der Planetenpfad ist übrigens auch als alter Postweg bekannt. Da es bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts keine regelmäßige Schiffsverbindung gab, wurde Norderney durch eine Wattenpost mit dem Festland verbunden. Die Fuhrleute kamen bei Ebbe mit Pferd und Kutsche vom angrenzenden Festland zur Insel. Der heutige Fuhrunternehmer Onnen kommt aus einem solchen Wattenpostgeschlecht. 

Wer den echten Planeten ein wenig näher sein möchte, kann die 253 Stufen des Leuchtturms besteigen. Er wurde zwischen 1871 und 1874 errichtet und ist 54 Meter hoch. Belohnt wird man mit einer grandiosen Aussicht. Übrigens: Das Leuchtfeuer ist das einzige an der deutschen Küste, das sich links herumdreht. Früher brannte es in einer fünfdochtigen Petroleumlampe, doch heute leuchtet in der Laterne eine aus insgesamt 1.018 Prismen und 24 Linsen bestehende Fresnel-Linse. Kleiner Tipp: Man sollte unbedingt am Abend zum Leuchtturm gehen, denn er ist einer der wenigen Leuchttürme weltweit, unterhalb dessen Mauern man direkt stehen kann. In der Nacht bewegen sich die Strahlen wie ein leuchtender Schirm am Horizont um ihn herum. 

Die Natur macht weit mehr als die Hälfte der Insel aus. Das Zentrum von Norderney mit den Wohnhäusern, Hotels, Restaurants und Geschäften konzentriert sich fast ausschließlich auf den zwei Quadratkilometern im Westen von Norderney. Weiter in Richtung Osten gibt es nur noch vereinzelte Häuser, Wege oder Restaurants. Hier bestimmen die Dünen, das Watt und der kilometerbreite Strand die Landschaft. 

Das Wrack

Fotos: Christiane Flechtner

Rotbrauner Rost trifft sich mit weißem Pudersand am Inselende – so könnte man das alte historische Schiffswrack bezeichnen, das seit dem Winter 1967/68 mehr und mehr vom Dünensand verschluckt wird. Der Muschelbagger wollte ein anderes Schiff bergen und strandete selbst. Das andere Schiff, ein Heringslogger, kam im März bei hohem Wasserstand von selbst frei, während der Muschelbagger auch nach mehr als fünf Jahrzehnten noch dort im sandigen Grund steckt. Seitdem ist es ein beliebtes Ziel für Inselwanderungen. Wer das Wrack erkunden will, sollte vom letzten Parkplatz zweieinhalb Stunden pro Strecke einplanen. Denn der Weg durch die Dünen ist oft durch Priele und Pfützen versperrt, und man muss Umwege in Kauf nehmen. Rund sieben Kilometer sind es dorthin, aber der Weg lohnt sich. Am Inselende, wo die Nachbarinsel Baltrum mit ihrem Inselzentrum zum Greifen nah ist, befinden sich auf der vorgelagerten Sandbank auch immer Seehunde. 

www.norderney.de