Insulaner engagieren sich für Naturschutz

Das Wattenmeer feiert in diesem Jahr 15 Jahre UNESCO-Weltnaturerbe | Foto: Gemeinde Baltrum, Anja Dembski

Die Ostfriesischen Inseln feiern 15 Jahre UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer. Beides gehört zusammen wie Ebbe und Flut und Tee und Kluntje. Sie bilden eine Einheit und sind die Heimat unzähliger Tier- und Pflanzenarten. Um diesen bunten Schatz zu bewahren, engagieren sich von Borkum bis Wangerooge viele Insulaner im Naturschutz oder bringen den Urlaubern den so wichtigen Lebensraum näher. Was sie auch gemeinsam haben? Sie haben Spannendes zu erzählen: Von stacheligen Kiebitz-Eier-Dieben, aufgezogenen Ohrenquallen und von spirituellen Wattführungen.

Züchten und Auswildern von Katzenhaien und Ohrenquallen

Morgens um 8.00 Uhr beginnt Maria Oetjens Tag im Nordsee Aquarium Borkum. Dann füttert die 62-Jährige als erstes die Tiere, bevor die Gäste kommen. Vor rund 30 Jahren ist die gelernte Kinderpflegerin aus Nordhorn auf die Insel gezogen. Dort lernte sie ihren Mann kennen. Ende der 1990er Jahre übernahm das Ehepaar Oetjen das Nordsee Aquarium. So kam Maria Oetjen zu ihrem Traumjob. „Wir haben das Aquarium um- und ausgebaut und alle relevanten Scheine gemacht“, erzählt sie. „Schließlich haben wir die Zoogenehmigung bekommen.“ Das war gleichbedeutend mit der Lizenz zum Fangen, Züchten und Auswildern. Maria Oetjen züchtet mittlerweile Katzenhaie, Ohrenquallen, Wellhornschnecken und Seedahlien. Außer bei den Quallen immer mit dem Ziel der Auswilderung. Und das Zuchtprogramm zahlt sich aus: „Mittlerweile findet man wieder Hai-Eier am Strand. Das war, als ich auf die Insel kam, nicht der Fall“, sagt Oetjen. Während der Stürme der letzten Monate bekam sie unerwartete Neubewohner aus der Nordsee: Zwei Katzenhaie waren angelandet, weil sie den Weg aus den Wellenbrechern am Strand nicht mehr herausfanden. Die beiden geschlechtsreifen Tiere wurden ins Aquarium gebracht und sollen nun für frisches Blut in der Zucht sorgen. Mittlerweile ist Maria Oetjen als Tierpflegerin im Aquarium angestellt, das seit dem Neubau 2014 von der Nordseeheilbad Borkum GmbH betrieben wird. 

Ein Pastor macht spirituelle Wattwanderungen

Ein Pastor im Watt: Egbert Schlotmann baut in seine Wattführungen auch spirituelle Ansätze mit ein | Foto: Privat

Wie wird ein Pastor zum Wattführer auf Wangerooge? „Ich wollte mich weiterbilden, habe im Nationalparkhaus Rosenhaus nachgefragt und mich zum Wattführer ausbilden lassen“, erzählt Egbert Schlotmann. „Ich wollte entdecken, was es neben den Menschen noch auf der Insel zu entdecken gibt.“ Nach Wangerooge (gehört als einzige Ostfriesische Insel zum Bistum Münster) kam der katholische Pastor vor neun Jahren aus Dorsten. „Es ist eine tolle Stelle, eine tolle Insel und eine kleine, feine Gemeinde“, schwärmt der 61-Jährige. Parallel zu seiner Gemeindearbeit bietet der Pastor eine einzigartige Erfahrung an: Spirituelle Wattwanderungen. Zum einen will Schlotmann so seine Faszination für das Watt vermitteln. „Erstmal sieht man ja nur grau. Aber je mehr man sich mit dem Watt auseinandersetzt, desto mehr entdeckt man wie reichhaltig es ist. Allein auf einem Quadratmeter leben zum Beispiel 100.000 Wattschnecken.“ Aus diesem und anderen Momenten zieht Schlotmann das Spirituelle. „Was entdecke ich, wie kann ich das mit meinem eigenen Leben verbinden“, beschreibt Schlotmann die besonderen Ansätze seiner Wattwanderungen. Er stellt seinen Gästen Impulsfragen, wie er sagt. Ein Beispiel: „Wenn wir Spuren im Watt sehen, frage ich, welche Spuren wir im Leben hinterlassen haben und wollen? Mein Ziel ist es, den Gästen für die Urlaubszeit und für zu Hause etwas mitzugeben.“ 

Warum der Ranger Igel und Kartoffelrose nicht auf der Insel haben möchte

Florian Lemke ist erst seit einem Jahr im Nationalpark Ranger auf Langeoog. Doch Herausforderungen findet er bereits genug. Ein Beispiel: Obwohl die Uferschnepfen und Kiebitze beste und geschützte Bedingungen zum Brüten haben, ging ihr Brutbestand auf der Insel zurück. Erst das Aufstellen von Gelegekameras brachte des Rätsels Lösung. Igel entpuppten sich als Nestplünderer, die aber eigentlich auf den Inseln nicht vorkommen. Menschen haben die Igel mitgebracht und auf der Insel ausgesetzt. Mit fatalen Folgen für die heimischen Brutvögel. Mit Hilfe von speziellen Hunden werden die putzigen Stacheltiere aufgespürt und am Festland in ihren natürlichen Lebensräumen ausgewildert. Die Maßnahme zeigt Erfolg: Verluste von Gelegen der Wiesenvögel werden auf Langeoog nicht mehr festgestellt.  Der Schutz von Tieren, die auf der Roten Liste bedrohter Tierarten stehen, ist nur eine von vielen Aufgaben des Rangers. Auch die Ausbreitung der invasiven Kartoffelrose muss in den Dünen gestoppt werden. Sie sieht zwar schön aus, verdrängt jedoch heimische Pflanzen und ist schlecht für den Dünenschutz. „Ihr Wurzelwerk geht nicht sehr tief“, erklärt Florian Lemke. „Die Wurzeln des Strandhafers wiederum gehen bis zu zehn Meter tief und bilden ein Netzwerk, welches die Dünen zusammenhält.“ Lemke ist ein Quereinsteiger. Der gebürtige Kölner wurde mit 12 Jahren zum Küstenkind, ist gelernter Beton-Stahl-Facharbeiter. Weil seine handwerklichen Fähigkeiten gefragt waren, begann er beim Dünen- und Küstenschutz und lebt seit März 2015 auf Langeoog. Dort begann er als Dünen- und Vogelwart, bevor er im letzten Jahr die Stelle als Nationalpark Ranger antrat. Einmal die Woche hat er Sprechstunde im Vogelwärterhaus und macht gerade die Zertifizierung zum Natur- und Landschaftsführer. Dann will er auch Führungen für Urlauber anbieten. Sein Geheimtipp für die Gäste: „Wer Zeit hat, sollte raus zum Ostende fahren und Station bei der Meierei machen. Dann geht es über einen Naturpfad zum breiten Sandstrand. Dort kann man den Blick auf die Seehundbänke genießen.“

www.borkum.de

www.langeoog.de

www.wangerooge.de

www.ostfriesische-inseln.de