Der Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares 2024

Hamburger Kammerspiele: Prima facie – Foto: Bo Lahola

Am 5. November 2024 traf sich die Hamburger Theaterwelt im Schmidt Theater, um den Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares zu verleihen. Seit 2006 werden damit jährlich Künstler*innen in unterschiedlichen Kategorien für ihre herausragenden Leistungen in der vergangenen Spielzeit ausgezeichnet.

In diesem Jahr fand bereits die 19. Verleihung statt. Moderiert wurde der Abend von Yared Dibaba, als künstlerisches Rahmenprogramm waren Ausschnitte aus „Heiße Ecke“, „Der achtsame Tiger“ und aus Elke Winters Programm zu sehen. Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, sagte in seinem Grußwort: „Die Künstlerinnen und Künstler, die wir heute ehren, machen die Theater in unserer Stadt zu lebendigen, bereichernden Orten. Der Preis rückt auch die Vielfalt unserer Theaterlandschaft, die von Staats- und Privattheatern über kleine experimentelle Bühnen bis hin zu großen Inszenierungen reicht, in den Fokus. Dies spiegelt nicht nur das breite Spektrum der künstlerischen Ausdrucksformen wider, sondern auch die Vielfalt der Kulturstadt Hamburg.“ Über die gesamte vergangene Spielzeit hatte die siebenköpfige Jury (Dr. Inge Volk, Juryvorsitzende, Jan Peter Gehrckens, Patrick Giese, Christian Hanke, Gunter Mieruch, Maike Schäfer, Elke Westphal, René Born)die Neuproduktionen der Mitgliedstheater des Hamburger Theater e.V. besucht, um insgesamt neun Preisträgerinnen in vier Kategorien mit der begehrten Auszeichnung zu küren. Jeder Preis ist mit 1.000 Euro dotiert. Zusätzlich erhalten alle Preisträgerinnen einen personalisierten Montblanc-Füller.

In der Kategorie „Herausragende Darstellung“ wurden gleich mehrere Auszeichnungen verliehen: Ulrich Bähnk erhielt den Preis für die Rolle des „Serge“ im gleichnamigen Stück am Altonaer Theater. In der Begründung der Jury heißt es: „Bähnk bewegt sich in allen Facetten dieser vielschichtigen Rolle mit großer Selbstverständlichkeit, fasziniert mit beeindruckendem spielerischen Können, zeigt einen Menschen glaubwürdig in seiner Vielseitigkeit.“

Merlin Sandmeyer wurde für die Rolle des Josef K. in „Der Prozess“ am Thalia ausgezeichnet. „Er spielt den Protagonisten als zutiefst verstörten, verlorenen Beobachtenden, der ins Straucheln gerät und urplötzlich aus der Bahn geworfen wird, und nicht als Handelnden. Seine bewusst unentschiedene Darstellung gibt seiner Figur und uns Rätsel auf. Damit erhalten die Zuschauenden die Chance, sich selbst zu fragen: Wie hätte ich denn als Josef K. reagiert?“, begründet die Jury ihre Entscheidung.

Dennis Svensson überzeugte die Jury mit seiner Darstellung der Céline Dion in „James Brown trug Lockenwickler“ am St. Pauli Theater (Regie: Ulrich Waller). „Svensson spielt mit einer hinreißenden Selbstverständlichkeit, sodass es auch als Plädoyer für Genderfluidität, als Fürsprache für Transidentität gelesen werden darf. Es ist nicht einfach eine herausragende Performance, nicht nur die hohe Kunst der Verwandlung – es ist Svensson selbst, der seinen Auftritt zu einem politischen Statement werden lässt“, zeigt sich die Jury begeistert.

Olivia Warburton wurde die Auszeichnung für die Rolle der Anne Frank in Grigori Frids „Das Tagebuch der Anne Frank“ an der Opera Stabile der Hamburgischen Staatsoper unter der Regie von David Bösch verliehen. Die Jury begründete die Entscheidung folgendermaßen: „Mit ein paar Requisiten erspielt Olivia Warburton gänzlich überzeugend Welten, mimt mit einer Puppe das Vater-Tochter-Verhältnis oder watschelt chaplinesk durch die Szenerie dabei das „Smile“ des großen Komikers singend.“
Katharina Schüttler wurde für die Darstellung der Tessa Jane Ensler in „Prima Facie“ an den Hamburger Kammerspielen prämiert. Sie spielt „mit einer Natürlichkeit und Souveränität, als hätte die Autorin ihr die Rolle auf den Leib geschrieben. Mit ihrem emotionalen und sehr körperlichen Spiel zieht sie das Publikum durchgehend in ihren Bann“, so die Jury.


In der Kategorie „Herausragender Text“ erhielt Roland Schimmelpfennig den diesjährigen Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares für „Anthropolis“ am Deutschen Schauspielhaus Hamburg. „Seine Sprache ist poetisch, salopp, semidramatisch, nahezu episch. In Monologen, Dialogen, Chören, in narrativer und reflexiver Rede spiegeln sich Grauen und Komik wider, grotesk unterhaltsam. Inhalt und Tonfall könnten lakonischer, grausamer, aktueller nicht sein“, so die Jury.

Inken Rahardt wurde für die „Fußballoper“ am Opernloft in der Kategorie „Herausragende Regie“ ausgezeichnet. Die Jury lobt: „Inken Rahardt hat den Neunzigminüter mitsamt Halb- und Nachspielzeit so lustvoll wie gescheit arrangiert und inszeniert. Ihr Klangmatch entzückt auch all diejenigen, denen die Wege, auf denen das Runde ins Eckige findet, nicht alles in der Welt bedeuten.“

In der Kategorie „Herausragende Bühne/Regie“ konnten Yvonne Marcour (Bühnenbild und Kostüme) und Ingo Putz (Regie) mit „De Schimmelrieder“ im Ohnsorg Studio überzeugen. In der Jury-Begründung heißt es: „Gerade mit dieser Einheit zwischen Bühne und Inszenierung entsteht ein fesselndes, eindringliches Bühnenstück, dem die Besucher*innen fast atemlos bis zum Ende folgen. Ein Abend, der bewegt und uns so schnell nicht loslässt.“

www.theaterpreis-hamburg.org