Ferrari – schon der Name sorgt für Kribbeln. Der Name steht für schnelle und wunderschöne Sportwagen, großartige Rennsporterfolge, aber auch Krisen. Die Geschichte des Unternehmens beginnt offiziell im Jahr 1947, als der Ferrari 125S das Licht der Welt erblickte.
Doch eigentlich begann alles viel früher, und zwar im Herbst 1908. Als Zehnjähriger stand Enzo Ferrari am Straßenrand und verfolgte gebannt die vorbeirasenden Rennwagen. Das wollte er auch einmal erleben. Die Kriegsjahre machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Er verlor seinen Vater und seinen Bruder. Nach dem Krieg ergatterte Ferrari aber einen Job als Test- und Überführungsfahrer. Dieser Weg führte ihn schließlich zu Alfa Romeo, wo er seine große Chance erhielt. Prompt wurde er bei der legendären Targa Florio auf Sizilien Zweiter. Für die Mailänder war Enzo Ferrari dank seines Technikverständnisses und guten Gespürs für Rennstrategien bald Mädchen für alles.
1929 kehrte Ferrari nach Modena zurück und stand erstmals auf eigenen Füßen. Es war die Geburtsstunde der Scuderia Ferrari. Das springende Pferd auf gelbem Grund sollte ihr Markenzeichen werden. Als Alfa Romeo seine Rennsportaktivitäten nach und nach einstellte, übernahm die Scuderia Ferrari das motorsportliche Engagement. Seine eigenen Rennaktivitäten hatte Enzo Ferrari längst aufgegeben, als es 1938 zum großen Krach kam. Damals fuhren die deutschen Silberpfeile von Mercedes-Benz und Auto-Union alles in Grund und Boden. Mit Alfa Corse schuf Alfa Romeo ein Werksteam, welches der deutschen Übermacht Paroli bieten sollte. Als Rennleiter sollte Enzo Ferrari dem neu gegründeten Team zum Sieg verhelfen. Bald kam es jedoch zum Streit und zurück in Modena rief Enzo Ferrari die Auto-Avio Costruzioni di Ferrari Enzo ins Leben. Kurz nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs baute er seinen ersten eigenen Rennwagen – den Tipo 815. Nur Ferrari durfte dieser wegen einer Vertragsklausel mit Alfa Romeo noch nicht heißen. Es sollte noch sieben Jahre dauern, ehe der erste echte Ferrari an den Start rollen sollte.
Der erste Schritt war aber getan, denn nach Enzo Ferraris Meinung gehörte solch exklusiven Sportwagen die Zukunft. In Zeiten, als sich nur wenige Menschen überhaupt ein Auto leisten konnten, wollte er Fahrzeuge bauen, die nur einen Zweck hatten – Vergnügen. Italiens Eintritt in den Zweiten Weltkrieg machte die Pläne zunächst zunichte. Trotz des Krieges gedieh die kleine Fabrik jedoch prächtig und Ferrari beschäftigte bald über 100 Arbeiter, die unter anderem Kugellager-Fertigungsmaschinen herstellten. Aus Angst vor Luftangriffen wurde Ferrari dazu gezwungen seine Fabrik in das beschauliche Maranello zu verlegen. Dennoch kam es zu Bombenschäden und die sich zurückziehenden Deutschen nahmen den Großteil der Werkzeugmaschinen mit. Im Grunde betrachtete Ferrari diese Phase sowieso nur als Übergang. Wie er später in seinen Erinnerungen gestand, arbeitete er schon die ganze Zeit an Plänen zum Bau von Rennwagen. Und so wählte Ferrari nicht den sicheren Weg hochwertige Industrieeinrichtungen herzustellen. Zwar revoltierten die Arbeiter, doch davon ließ sich der „Commendatore“ nicht beirren. Im Winter 1946/47 rollte erstmals ein „echter“ Ferrari über die Landstraße. Zwar fehlte noch die Karosserie und eine Obstkiste diente als improvisierte Sitzgelegenheit, doch der kehlige Klang des Zwölfzylinder-Motors ließ erahnen, was auf die Welt zukommen würde.
Der Ferrari 125 S war die Geburtsstunde von Ferrari als Automarke, die zu einem Mythos wurde. Die legendären Rennsportduelle bei den unglaublich anstrengenden Straßenrennen, die Kämpfe bei den 24 h von Le Mans oder die Weltmeistertitel in der Formel 1, dazu die exklusiven Straßensportwagen – all das trug zu der unglaublichen Faszination bei und sorgt noch immer dafür, dass fast jedes Kind das „Cavallino Rampante“, das sich aufbäumende Pferd, kennt. Doch bis dahin war es 1947 noch ein langer Weg. Denn der erste Ferrari leistete anfänglich gerade einmal 72 PS. Die ersten großen Erfolge kamen mit dem 1948 vorgestellten 166, der in verschiedensten Karosserie-Varianten eingesetzt wurde. Mit dem Tipo 166 setzte bei Ferrari auch die Produktion von Fahrzeugen ein, die nicht nur für den Rennsport gedacht waren. Die als Inter bezeichneten zivilen Versionen erhielten bei verschiedenen Karosserie-Bauern wie Vignale, Bertone, Ghia sowie später Farina ganz individuelle Designs. Die Stückzahlen gingen stetig nach oben und der von 1951 bis 1953 gebaute 212 Inter war der erste Ferrari, der erstmals in größerer Stückzahl gefertigt wurde. Waren die bisherigen Autos alle mehr oder weniger halbgare Ableger der Rennversionen, stellte der Ferrari 250 den ersten großen Schritt in der Entwicklung von Straßenfahrzeugen dar. Als kleiner Bruder des für den US-Markt bestimmten 375 America kam 1953 der 250 Europa. Diesmal zeichneten sich Pininfarina und Vignale in der Person Giovanni Michelotti für das Design verantwortlich – eine Partnerschaft, die bis in die heutige Zeit fortbestehen sollte. Genau wie der 166 waren auch die 250er Modelle zunächst mehr oder weniger Einzelstücke, die sich in Details unterschieden. Bei dem Nachfolgemodell, dem 250 GT Europa, konnte man sogar fast von einer Serie sprechen, waren die 35 von Pininfarina hergestellten GT Europa doch weitgehend identisch. Zu einem echten Verkaufsschlager wurde das Cabriolet, welches von 1956 an in zwei Serien und mit über 200 Exemplaren bei Pininfarina gebaut wurde. Auch geschlossen entwickelte sich der 250 GT zu einem Verkaufsschlager, der schließlich im Ferrari 250 GTO seinen Höhepunkt fand. Der 250 GTO war eine Weiterentwicklung der 250er Serie. Als der 250 GTO im April 1962 in Sebring debütierte, schloss er das Rennen gleich mit einem Sieg ab. Eine Legende war geboren. Insgesamt 36 Fahrzeuge entstanden mit dem rund 300 PS starken 12-Zylinder. Heute sind noch alle Exemplare erhalten und erzielen bei Auktionen wahre Rekordwerte. So wurde 2013 ein GTO für stolze 52 Millionen US Dollar verkauft.
Die 60er-Jahre waren aber auch eine Zeit der Krise. Erst wollte Ford bei den Italienern einsteigen. 1969 übernahm Fiat schließlich 50 Prozent der Anteile, wodurch Ferrari auf der Rennstrecke gegen die fast übermächtigen Porsche wieder Fuß fassen konnte. Kurz davor war Ferrari mit der Entwicklung des 330 GT 2+2 allerdings ein weiterer Meilenstein gelungen. Der von 1964 bis 1967 gebaute Viersitzer war der erste Ferrari, von dem mehr als 1.000 Exemplare hergestellt wurden. Mit dem Dino stieß Ferrari schließlich in ganz neue Dimensionen vor. Dabei ist der Dino auf den ersten Blick im Grunde kein Ferrari, denn nach der Meinung Enzo Ferraris mussten echte Straßen-Ferraris zwölf Zylinder haben. Und so finden sich beim Dino, der an den 1956 verstorbenen Sohn des Patriarchen erinnert, nur in den technischen Unterlagen Hinweise auf Ferrari. Während der 206er nur 152 Mal gebaut wurde, entstanden von seinem Nachfolger 246 in den Jahren 1969 bis 1974 über 3.900 Fahrzeuge. Mit dem Mondial und etwas später dem Testarossa sicherte sich Ferrari in den 80erJahren endgültig einen Platz in einem immer noch sehr exklusiven Massenmarkt. Der ab 1994 gebaute Ferrari F355 stellte sie jedoch alle in den Schatten. Über 12.000 F355 in verschiedenen Varianten sollten bis 1999 hergestellt wer Ferrari 330 GT 2+2 (1964–1967) den. Doch der F355 war weitaus mehr als nur ein Verkaufsschlager, er war – wenn man so will – endlich wieder ein wahrhaft konkurrenzfähiger Sportwagen für eine größere Käuferschicht. Als erster Straßensportwagen erhielt er zudem ein sequenzielles mit Paddeln am Lenkrad schaltbares Getriebe. Passenderweise bekamen diese Modelle den Zusatz F1. Den eingeschlagenen Weg setzten die direkten Nachfolger 360 Modena, 430, 458 und schließlich der 488 fort.
Doch wird ein Mythos sicherlich nicht nur von den wichtigen Serienmodellen befeuert. So war es der Ferrari F40, der zur Besonderheit der Marke Ferrari beitrug. Zwar wurden vom ab 1987 gebauten F40 knapp über 1.300 Stück hergestellt, was ihm zunächst etwas die Exklusivität raubte. Doch begründete der F40 ein ganz eigenes Genre, das der Supersportwagen. Mittlerweile hat jeder Sportwagenhersteller, der etwas auf sich hält, mindestens einen Supersportwagen im Programm. An die Erfolge des Vorgängers konnten weder der F50 noch der Enzo so richtig anknüpfen. Sie waren nur noch ein Modell von vielen auf einem stetig wachsenden Markt. Dennoch ist und bleibt Ferrari eine jener Marken, die Autofreunde vor Ehrfurcht erstarren lassen. Der Mythos des sich aufbäumenden Pferdes lebt weiter fort …