Elektromobilität ist derzeit in aller Munde, auf den Straßen ist allerdings noch nicht die große Wende zu erkennen. Viele sind auch verunsicheart, welches E-Auto denn überhaupt infrage kommt. Aktuell dominieren noch die Verbrenner, doch schon der Diesel muss sich gezwungenermaßen bald aus dem Staub machen. Bis 2030 sollen aus der einen Million an Stromern hierzulande ganze zehn Millionen werden. Mit von der Partie sind Energieversorger, Netzbetreiber, Händler, Politiker, Verbände. Und natürlich Verbraucher.
Die Elektromobilität in Deutschland boomt, das belegt die IAA, auf der Angela Merkel einen ihrer letzten Auftritte hatte. Umso wichtiger ist für alle diejenigen, die mit dem Kauf eines Stromers liebäugeln, bereits im Vorfeld die genaue Bestimmung dessen, zu welchen Einsatzzwecken man das Fahrzeug tatsächlich benötigt und welchen Preis man dafür ausgeben will.
Apropos Preis: In dieser Hinsicht sind gottlob einige vierstellige Förderungen vom Staat und über die Hersteller drin. Wer die in Anspruch nehmen will, sollte sich die vorher aber genau angucken und mit verschiedenen Beratungs-Angeboten abchecken.
Das Angebot der PKW in Sachen Elektro gliedert sich – abgesehen von Aussehen und Herstellern – grundsätzlich in folgende Antriebs- und damit Fahrzeugtypen: Mild-Hybride, Pur-Elektro-Fahrzeuge und Plugin-Hybride.
Fangen wir einem mit einem Mild-Hybrid an: Die Basis bildet ein herkömmlicher Verbrenner, zumeist Benziner, mit einer kleinen und leichten Batterie. Dies ermöglicht einen kurz-kompakten Kleinwagen – so wie der inzwischen vier Jahre alte Toyota-Yaris des Autors. Er managt seine Energie-Ladung und Entladung absolut autonom. Ein sogenanntes Planetengetriebe schaltet meist unbemerkt zwischen Elektro und Benzinmotor hin und her. Nur Kontrollleuchten und das Kombi- Instrument verraten, wer da gerade Vortrieb leistet, der Batterie an Bord Energie liefert oder entnimmt. Infolgedessen werden Verbrauch und Geräuschpegel gedämpft. Eine externe Aufladung ist nicht vorgesehen.
Ganz im Gegensatz dazu das pure Elektromobil: Mit dem ist Elon Musks Tesla weltbekannt geworden – ein Erfolgskonzept dessen Spannungsspitzen bis ins brandenburgische Grünheide ausstrahlen, wo gerade eine gigantische „Gigafactory“ entsteht. Im Tesla ist kein Benzintank mehr nötig, weshalb dieser Stromer völlig abgasfrei und geräuscharm durch unsere Städte gondeln kann. Zur Aufladung ist der Tesla aber in jedem Fall auf elektrische Ladequellen angewiesen. Wenn es schnell gehen soll, auf einen der kompatiblen Schnell-Ladepunkte sofern vorhanden und nicht von einem anderen Fahrzeug genutzt. Die Angst, auf langen Strecken unter ungünstigen Bedingungen liegen zu bleiben, fährt bei der derzeit noch dünnen Lade-Infrastruktur bei jeder Fernfahrt mit.
Wer auf keinen Fall stromentleert liegen bleiben, sondern auf Nummer sicher fahren will, kommt für einen Plugin Hybrid in Frage. Hier sind sowohl Verbrenner- als auch Elektroantrieb verbaut. Der Fahrer kann sowohl auf herkömmliche Art Benzin tanken als auch extern an Wallboxen oder in Schnell-Ladezentren Strom aufnehmen. Allerdings erfordern Doppel-Antrieb und große Batterie einen erheblichen Zuwachs an Größe und Gewicht. So kann mancher Plugin etwas hochschnäuzig-wuchtig oder sogar moppelig aussehen, was durch modernes Design und geteilte Farbgebung nicht ganz so auffallen muss.
Eine besondere Variante bildet abschließend der Antrieb durch Wasserstoff. Allerdings mit dem Beigeschmack von „Wartestoff“, weil vor allem die Fragen der Erzeugung noch nicht geklärt sind. Ob und wie die Verbraucher in dieser Hinsicht ihr grünes oder blaues Hydrogen-Wunder erleben, wird sich nicht in den nächsten fünf Jahren zeigen. So sind die derzeitigen sehr wenigen Angebote eher etwas für kommunale Betriebe und Lastverkehrs-Unternehmen.
Wie denn? Wo denn? Was denn?
Während sich kommunale Entscheidungsträger wie das Land Berlin von Ihrer Agentur für Elektromobilität beraten lassen, sollte sich der private Endverbraucher nicht nur beim Verkäufer des Fahrzeugs informieren. Hilfreiche Angebote finden sich bei Energie Versorgern, die zwar für ihre eigenen Produkte werden, aber in Bezug auf Fahrzeuganschaffungen relativ neutral sind.
Wagen vollgeladen – Gott sei Tank!
„Ohne Netz und doppelten Boden“, so oder ähnlich mulmig muss es nicht wenigen Elektro-Pionieren manchmal zu Mute sein, wenn Sie sich mit ihrem E-Vehikel für Strecken über 300 Kilometer aufmachen. Für Fernfahrten einen freien Ladepunkt in der passenden Norm zu finden, ist fast unmöglich – und dann wären ja auch noch Bezahlung und Abrechnung zu regeln. Denn bislang mangelt es für das Bezahlen an Ladepunkten an einem einheitlichen Standard. Hunderte Anbieter betreiben die knapp 50.000 öffentlichen deutschen Säulen mit ihren jeweils unterschiedlichen Vertragsmodellen und Tarifen. Häufig braucht es dazu spezielle Kundenkarten, mal muss die entsprechende App ran. Oder beides. So können elektromobile Fahrzeugführer zurzeit nur bestimmte Ladesäulen anlaufen, was die Auswahl natürlich erheblich einschränkt.
Immerhin: Einer Vereinheitlichungs-Verordnung der Bundesregierung stimmte der Bundesrat jetzt zu. Demzufolge müssen alle ab Juli 2023 neu errichteten Ladepunkte auch alle gängige Kredit- und EC-Karten akzeptieren. Ältere Ladesäulen müssen hingegen nicht umgerüstet werden. Hat der automobile Pionier endlich einen freien Ladepunkt gefunden, müssen „nur“ noch Ladenormen und Stecker übereinstimmen. Sofern die beiden miteinander können, hat der Nutzer – auch bei einer Schnell-Ladung – erstmal Zeit für eine gemütliche Pause, die manche Betreiber schon mit edleren Gastro-Angeboten für die betuchte Warte-Kundschaft überbrücken helfen wollen.
Auch das häusliche Laden wirft im Vorfeld diverse kostenrelevante Fragen auf, wie zum Beispiel, ob man tagsüber in derselben Stadt arbeitet und nachts in der Regel schläft. Da könnte theoretisch eine normale Haushaltsteckdose mit 220 Volt ausreichen. Doch eben auch nur theoretisch, denn vorab ist zu klären, ob beispielsweise brandschutzbezogene versicherungstechnische oder baurechtliche Fragen zu beachten sind. Fest steht nur, dass der kleine Stromer kräftig Strom saugt, was die Haushalts-Stromkreise arg in Bedrängnis bringen kann. Und ein Kabel vom ersten Stock eines Mietshauses vom Balkon aus über den Bürgersteig zum unten geparkten Gefährt zu ziehen, wäre absolut irrwitzig und in mehrfacher Hinsicht verboten.
Dann sollte schon eine sogenannte Wallbox her, die mit Anschaffungs- Installations- und Betreiberkosten nicht gerade billig zu Buche schlägt, aber ebenso wie die Fahrzeug-Neuanschaffung durch Förderungen vergünstigt werden kann. Doch auch hier kann es zu diversen Einschränkungen kommen, was die Art des eingesetzten Stroms betrifft, wobei man mit Ökostrom gute Karten hat.
Fazit: Die Dinge entwickeln sich ladetechnisch – zwar verspätet, aber langsam rasanter – in die richtige Richtung. Entschleunigtes Reisen gibt es hingegen mit Gewissheit. Aber das hat ja vielleicht auch sein Gutes.