Aufräumen leicht gemacht

Bei manchen Menschen herrscht in der Wohnung Chaos und sie brauchen Unterstützung. Foto: freepik-Fotos

Es ist für die meisten Menschen lästig und zeitfressend, muss aber gemacht werden. Einigen fällt es leicht, anderen dagegen schwer: Die Rede ist vom Aufräumen! Dafür gibt es Aufräum-Coaches oder Ordnungsexperten, die den Menschen hilfreich zur Seite stehen. Eine davon ist Josephine Schütte.

Josephine Schütte hilft Menschen beim Aufräumen, die es alleine nicht schaffen. Foto: Ida Katnic

Die Hamburgerin bietet ihr Aufräumcoaching seit 2014 an. Ihre Klientel ist gemischt: „Ich helfe sowohl Menschen, die an einem Tiefpunkt im Leben stehen, als auch Geschäftsleuten, die Unterstützung beim Ordnen von Arbeitsplatz oder Kleiderschrankes brauchen.“ Dass die 43-Jährige heute nebenberuflich Menschen hilft, ihre vier Wände aufzuräumen, ist eher durch einen Zufall entstanden: „Einer Büro-Kollegin kam vor einigen Jahren die Idee, dass ich Aufräumen doch beruflich machen können, da ich es ja so gerne tue“, erzählt sie. Die beiden Frauen hatten über mögliche Nebenbeschäftigungen gesprochen, bei dem Josephine Schütte direkt mit Menschen zu tun und mehr Bewegung hätte, anstatt immer nur am Computer zu sitzen. So setze sie den Vorschlag auch direkt in die Tat um. Schnell war eine Website erstellt. „Es ging schleppend los“, erinnert sich die studierte Kommunikationsdesignerin zurück. Um die Zeit um und nach Corona, wurden die Aufträge dann schnell mehr. Inzwischen nimmt sie im Durchschnitt ein bis zwei Aufträge pro Woche an. Das Aufräumen soll aber auch weiterhin nur eine Nebenbeschäftigung bleiben. „Frauen nehmen eher Hilfe an, als Männer und schämen sich weniger dafür“, erzählt Josephine Schütte.

Bekommt die Hamburgerin einen Anruf, dass jemand seine Wohnung oder aber auch nur ein Zimmer aufgeräumt haben möchte, vereinbart die Aufräumexpertin zuerst einen unverbindlichen Kennenlerntermin in der Wohnung. „Es ist wichtig, dass die Chemie stimmt und Vertrauen entsteht. Und natürlich möchte ich mir die Räume anschauen, um abschätzen zu können, wie viel Zeit wir zum Aufräumen brauchen werden“, sagt sie und benutzt bewusst das Wort „wir.“ Sie räume nicht für ihre Kunden auf, sondern mit ihnen zusammen, betont sie. Schließlich sollen die Kunden lernen, danach auch ohne ihre Hilfe ihre Ordnung beizubehalten. Während der Besichtigung der Wohnung erfährt sie meist mehr Hintergründe über die aktuelle Lebenssituation.

Der Zustand der Wohnung spiegelt häufig die aktuelle Lebenssituation wider

„Es gibt immer einen Grund, weshalb die Leute es nicht mehr schaffen, sich selbst zum Aufräumen zu motivieren“, erzählt Schütte. Oft erlebt sie, dass sich viele ihrer Kunden in einer tiefen Lebenskrise befinden, sei es, dass sie sich kürzlich von ihrem Partner getrennt haben oder durch die Belastung im Beruf oder mit der Familie und dann einfach keine Zeit und keine Kraft mehr zum Aufräumen bleibt. Hinter den unaufgeräumten Wohnungen verbergen sich immer Geschichten: „Ich habe Menschen getroffen, die in schweren Lebenskrisen steckten und so weit unten waren, dass sie ihr Zuhause massiv vernachlässigt haben“, erzählt Josephine Schütte. Insbesondere bei Burnout oder Depressionen ist keine Kraft mehr für den Alltag da. „Da ist es wichtig, genau hinzuhören und beim Aufräumen nur in kleinen Schritten vorzugehen“, sagt sie. Daher seien ihre Aufräumsitzungen auch nie länger als drei Stunden am Stück. Aber es gibt natürlich auch fröhliche Momente. Bei der Kundin, die jedes Mal in große Begeisterung verfiel, wenn sie etwas verloren Geglaubtes wiederfand, ging ihr das Herz auf.

Die Klientel ist sehr unterschiedlich: Es reicht von alleinerziehenden Müttern, über seelisch oder körperlich erkrankte Menschen, bis hin zu Geschäftsleuten, die Hilfe beim Ausmisten ihres Kleiderschrankes oder Aufräumen des Homeoffice brauchen“, erzählt Josephine Schütte. Was alle gemeinsam haben, ist, dass sie sich nicht mehr wohl in ihren vier Wänden fühlen und der Leidensdruck so groß ist, dass sie bereit sind Geld zu investieren.

Aufräumtipps von der Expertin

Um das Aufräumen zu erleichtern, rät sie, genügend ungestörte Zeit einzuplanen und einen festen, selbstverbindlichen Termin zu fixieren. Es kann auch unterstützend sein, für eine gute Atmosphäre zu sorgen, zum Beispiel mit der Lieblingsmusik oder Duftkerzen – so Schütte. Ihr Tipp ist es, erst einmal alles aus den Schränken und Regalen rauszuholen, anstatt Dinge von A nach B zu schieben. Und gern auch Mülltüten parat zu haben. „Beim Ausmisten von Kleiderschränken können Freundinnen gute Beraterinnen sein, die einen dazu bewegen, nicht an den ollsten Sachen festzuhalten“, erzählt sie. „Und es tut weniger weh Dinge zu verkaufen, zu verschenken oder zu spenden, anstatt sie wegzuwerfen.“ Auch sie selbst hat das schon so gemacht. Und ist eine Aufräumexpertin selbst ordentlich? „In den meisten Lebensbereichen bin ich sehr gut strukturiert“, nickt sie.