Mehr als nur Theater

Malin Kraus, Foto: Gizem Önder

Regieassistentin, Chefredakteurin, Sprachwissenschaftlerin und Literaturbloggerin. Malin Kraus, die gerade an ihrer dritten Produktion im Deutschen SchauSpielHaus Hamburg mitarbeitet, scheint ebenso „ruhelos“ wie der Name ihres Theaterkollektives, das sie mit Patricia Stövesand im letzten Jahr gegründet hat. 

Doch der Erfolg gibt ihr Recht, nach der Mitarbeit an den Stücken „Das Ereignis“ und „The Mushroom Queen“, die beide in der aktuellen Spielzeit des Schauspielhauses zu sehen sind, folgt nun „Fleisch“, welches am 22. April Premiere feiern wird. Uns hat die Newcomerin verraten, warum sie überhaupt ans Theater gegangen ist, was sie an der Arbeit am Schauspielhaus besonders schätzt und welche weiteren Projekte für die junge Kunstschaffende in naher Zukunft anstehen.

Ob bei Proben oder Vorstellungen, seit dieser Spielzeit arbeiten Sie fast jeden Tag am Deutschen SchauSpielHaus Hamburg. Woher kommt diese enorme Leidenschaft fürs Theater?

Tatsächlich hat die Begeisterung fürs Theater ihren Anfang in Berlin genommen. Genau genommen war es das Berliner Ensemble und die wahnsinnige schauspielerische Leistung von Stefanie Reinsperger, die mich für immer in den Bann des Theaters gezogen haben.

Ihr Weg zur Theaterarbeit führte aber über das Schreiben. Wie kam es dazu?

Das Schreiben und die Literatur sind für mich genauso wichtig wie das Theater. So hatte ich davor schon meinen Literaturblog „Kaffee mit Goethe“, bei dem ich mit verschiedenen Verlagen und Autoren zusammengearbeitet und regelmäßig Neuerscheinungen rezensiert habe.  Bald war mir klar, dass ich auch über Theater schreiben will und bekam meine eigene Theaterkolumne „Drama Baby“ in der unabhängigen Studierendenzeitung der Humboldt-Universität zu Berlin, der „Unauf“. Neben Theaterkritiken, hatte ich dadurch die Möglichkeit Interviews mit so erfolgreichen Theaterautor*innen wie Maja Zade oder Milo Rau zu führen.

Trotz Ihres Beginns in der Berliner Theaterszene und einem Zwischenstopp bei der Mitarbeit an den Mühlheimer Theatertagen ist Ihre Wahl nun aber doch auf Hamburg gefallen?

Als ich mich entschieden habe nun auch aktiv am Theater mitzuarbeiten, war mir die Wahl des Textes und des Produktionsteams besonders wichtig. Ich habe mich also nicht wahllos an den Theatern in ganz Deutschland beworben, sondern mich direkt für die Arbeit an „Das Ereignis“ von Annie Ernaux entschieden und zu meiner großen Freude auch den Platz am Schauspielhaus Hamburg erhalten. Dabei war mir vor allem wichtig, mit einer so engagierten Regisseurin wie Annalisa Engheben zusammen zu arbeiten.

Warum war die Wahl des Regieteams so ein wichtiger Faktor für Sie?

Sowohl in meiner Theaterkolumne als auch im „ruhelos.kollektiv“, das ich letztes Jahr mit Patricia Stövesand gegründet habe, die ebenfalls am Schauspielhaus in Hamburg arbeitet, geht es auch immer darum, dass System Theater kritisch zu hinterfragen. Besonders wichtig ist mir dabei bekannte Strukturen zu durchbrechen und schwierige Themen zu enttabuisieren. Deswegen hat mich auch der Text von Ernaux so sehr gereizt, der die Problematik des Schwangerschaftsabbruchs in den Fokus stellt, dazu noch inszeniert von einer jungen mutigen Regisseurin. Und auch bei meinem zweiten Stück am Deutschen SchauSpielHaus Hamburg hatte ich das Glück wieder mit einer so inspirierenden Regisseurin wie Marie Schleef zusammenzuarbeiten, die ebenso mit klassischen Darstellungen auf der Bühne und Sehgewohnheiten bricht und neue Formen des Theaters wagt.

Nach so viel tollen und intensiven Projekten in so kurzer Zeit, könnte man meinen Sie würden sich gerne mal eine Auszeit gönnen. Doch nur eine Woche nach der Premiere von „The Mushroom Queen“ arbeiten Sie nun  schon wieder an ihrem dritten Stück im Schauspielhaus mit. Was haben Sie sonst noch in nächster Zeit geplant?

Momentan bin ich sehr glücklich an „Fleisch“ mitarbeiten zu dürfen, erneut unter der Regie einer Frau, Julia Redder, die in Ihren Inszenierungen ebenfalls wichtige Themen anspricht, wie in diesem Fall Vergewaltigung innerhalb einer Beziehung. Die Regisseurinnen, mit denen ich das Glück hatte zu arbeiten, machen enorm wichtige Arbeit für die Weiterentwicklung der Theaterszene. Neben meiner Arbeit am Theater in Hamburg, bin ich aber auch noch jede Woche in Berlin, um sprachwissenschaftliche Tutorien an der Humboldt-Universität zu geben und seit letztem Jahr habe ich neben der Theaterkolumne nun auch die Chefredaktion der „Unauf“ übernommen. Hier sind verschiedene Forschungsprojekte u. a. zu Themen wie Mental Health aber auch ein Auslandsprojekt in Georgien geplant, zu dem es auch einen Dokumentarfilm geben wird.

www.schauspielhaus.de

Aktuelle Inszenierungen 

Deutsches SchauSpielHausHamburg:
„Das Ereignis“: seit dem 14.10.2022
„The Mushroom Queen“: seit dem 25.02.2023
„Fleisch“: Premiere am 22.04.2023