Die Marke mit dem Blitz

Opel Kadett L, 1963

In den vergangenen Jahren rissen die Negativschlagzeilen rund um Opel nicht ab. Der Autobauer aus Rüsselsheim war das Sorgenkind der deutschen Automobilbranche. Dabei war Opel einst der Klassenprimus in Deutschland. Mit der Übernahme durch den französischen PSA Konzern scheint sich das Blatt nun wieder zum Positiven zu wenden.

120 Jahre wechselvoller Geschichte – dafür steht Opel, eine Marke, die auch durch einen Film Kultstatus erlangte. „Warum sollen Mantas nur noch 80 Zentimeter breit gebaut werden? Damit die Fahrer auch rechts den Arm raushängen können.“ Nur einer von zahlreichen Witzen, wie sie über Manta-Fahrer kursieren. Und machte Til Schweiger zum Star. In „Manta, Manta“ mimte Til Schweiger den etwas einfältigen Berti, der mit seinem kunterbunten Manta gegen Golf und Konsorten antrat. Dieser Film machte Schweiger zum Star und die Fahrzeugmarke Opel eroberte die Herzen der Deutschen. Nicht nur der Manta, auch der Kadett oder frühere Modelle wie der Ascona und Commodore schufen eine ungemein große Fangemeinde. Das wird vor allem an der Nürburgring-Nordschleife augenscheinlich. Die Fans rund um die anspruchsvollste Rennstrecke verleihen ihrer Markentreue mit riesigen Opel-Fahnen Ausdruck. Nicht Ferrari oder Porsche, sondern C-Kadett.

Heinrich Opel (re.) und am Steuer Werkmeister Sedlacek auf dem Opel-Patentmotorwagen „System-Lutzmann“, 1899

Die Geschichte von Opel beginnt so gar nicht mit Autos. Adam Opel machte sich im Jahr 1862 mit dem Bau von Nähmaschinen selbstständig – in einem ehemaligen Kuhstall. Die Heirat mit Sophie Marie Scheller brachte sechs Jahre später das notwendige Kapital, um die Nähmaschinenfabrik von Adam Opel im hessischen Rüsselsheim zu errichten. Ab 1886 kamen auf Drängen der Söhne noch Fahrränder hinzu. In der Folge wurde Opel zum weltweit größten Fahrradproduzenten. Bis der erste Opel vierrädrig über die Straßen rollte, sollte es nur wenige Jahre dauern. Doch das erlebte der Firmengründer nicht mehr. Es war seiner Frau Sophie und den Söhnen Carl, Wilhelm und Friedrich vorbehalten, die Automobilproduktion zu starten. Der Startschuss fiel 1899 mit der Übernahme der Anhaltischen Motorwagenfabrik des Automobilpioniers Friedrich Lutzmann. Noch im selben Jahr startete die Produktion des Opel-Patentmotorwagens „System Lutzmann“, so der etwas sperrige Name. Nebenbei baute die Firma Motorräder, nach dem Zweiten Weltkrieg kamen sogar noch Kühlschränke dazu. Doch zurück zu den Automobilen. Mit den damals hoch entwickelten französischen Motorwagen konnte Opel anfangs jedoch nicht konkurrieren. Die Lösung brachte eine Kooperation mit dem französischen Automobilbauer Darracq. Von nun an ging es steil bergauf. Vor allem der ab 1909 gebaute 4/8-PS-Wagen eroberte für damalige Verhältnisse große Käuferschichten. Wegen seiner Beliebtheit bei Land- und Tierärzten bekam das Auto den Namen Doktorwagen verpasst.

Ende der 20er-Jahre sorgte Opel mit einem spektakulären Gefährt für Aufsehen. Mit einem Raketenwagen erreichte Fritz Opel, der Enkel von Adam Opel, im Jahr 1928 auf der Berliner Avus 238 Stundenkilometer. Davor mussten die Rüsselsheimer im Zuge der Inflation eine erste Krise durchstehen. Nach der kurzzeitigen Werksschließung im August 1923 stieg Opel wie ein Phoenix aus der Asche. Nach amerikanischem Vorbild wurden die Autos nun am Fließband produziert. Der Opel 4/12 PS war das erste Fließband-Auto aus Deutschland. Auch hier schlug der Volksmund zu. Wegen seiner grünen Farbe erhielt er den Namen Laubfrosch. Durch die Fließband-Produktion sanken die Kosten, während zeitgleich die Produktionszahlen nach oben schossen. Bis 1936 sollte Opel, seit 1929 Teil des USamerikanischen GM-Konzerns, zum größten Autobauer Europas heranwachsen. Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs arbeiteten fast 30.000 Menschen für Opel.

Fotos: Opel Automobile GmbH

In den 1930er-Jahren entstand auch das berühmte Logo der Marke, das heute als ein von einem Kreis umrahmter Blitz jedem ein Begriff ist. Der Kreis dient dabei als Sinnbild des Rades. Unglaubliche 50 verschiedene Markenzeichen soll es bisher gegeben haben, angefangen mit den Initialen A und O auf den Seitenteilen von Nähmaschinen. Im Jahr 1934 tauchte der Zeppelin als Zeichen menschlicher Innovationskraft und technischen Fortschritts auf. Rund 30 Jahre später war der Zeppelin so weit abstrahiert, dass eben jenes Logo mit dem Blitz entstand. Mit dem Blitz war auch der Wiederaufstieg der Marke nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs verbunden. Der Kleinlastwagen Blitz ging ab 1946 wieder in Produktion, kurz darauf folgte der leicht modifizierte Vorkriegs- Olympia. In Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders begann auch bei Opel der Aufschwung. Der Opel Kapitän wurde zu einem Statussymbol. Bei den neuen Modellen war der US-Einfluss kaum zu übersehen. Viel Chrom, und die Kundschaft schätzte das amerikanische Design, wie der Blick auf die Verkaufszahlen zeigte. Mit den steigenden Produktionszahlen wuchs der Autobauer. Neue Werke eröffneten in Bochum und Kaiserslautern. Die 60er- und 70er-Jahre waren geprägt von den sportlichen Modellen wie dem Ascona oder Manta, die abseits der Straßen auf Rennstrecken und Rallyepisten große Erfolge feierten. Zu Beginn der 70er-Jahre eroberte sich Opel einen Marktanteil von über 20 Prozent und war damit Marktführer.

Trotz der Erfolge strauchelte die Firma immer mal wieder. Die durch den Ersten Golfkrieg verursachte Ölkrise Anfang der 80er-Jahre sorgte in der Automobilbranche für heftige Rückschlage. Erstmals seit 1950 machte Opel Verluste. Die Folge waren Massenentlassungen. Allerdings waren viele Probleme hausgemacht. Im Gegensatz zu den sportlichen Autos der 70er wurde das Design der neueren Modelle immer weniger innovativ. Zudem sorgten Qualitätsprobleme, verursacht durch die rigide Sparpolitik des damaligen Opel-Managements, für zahlreiche Rückrufaktionen. Mit dem Image bröckelten auch die Verkaufszahlen. Hinzu kam noch, dass der GM-Konzern Milliarden aus Deutschland abzog, um eigene Verluste auszugleichen. In der Folge sank der Opel-Marktanteil bis 2012 auf 6,93 Prozent. Bevor Opel Teil des französischen PSA-Konzerns wurde, zog die Konzernmutter GM von Zeit zu Zeit einen Verkauf der Marke in Betracht. So wäre Opel vor zehn Jahren fast an den österreichischen Automobilzulieferer Magna verkauft worden. Auch Fiat, dazu Chinesen oder Russen zeigten Interesse. Sogar eine Rettung auf Staatskosten stand zur Debatte.

Mit der Eingliederung in den französischen PSA-Konzern scheint Opel nach anfänglichen Turbulenzen wieder in ruhigere Gewässer zu schippern. Zudem überzeugen die neuen Modelle von Astra, Adam, Ampera-E, Cascada, Zafira oder die SUV-Palette wieder. Bis Ende 2020 will Opel acht komplett neue oder überarbeitete Modelle auf den Markt bringen. Unter anderem soll endlich die sechste Generation des Dauerrenners Opel Corsa erscheinen. Ebenso setzt man auf Elektromobilität. Hier kommt Opel die Zusammenarbeit mit Peugeot zugute. Die Franzosen scheinen der deutschen Traditionsmarke jedenfalls frischen Wind zu spendieren und lassen zumindest wieder in eine positive Zukunft blicken.