Erst kürzlich veröffentlichten die Unfallforscher der Versicherer (UdV) eine neue Statistik, mit der die zunehmende Aggression im Straßenverkehr belegt wurde. Und das ist leider bittere Realität.
Der Straßenverkehr ist zu einer Großkampfzone mutiert, vor allem und besonders ausgeprägt in den Ballungsräumen. Wer hier nach Opfern und Tätern fragt, muss sich oft an die eigene Nase fassen, er ist nämlich in der Regel beides. Egal, mit welchem Verkehrsmittel man gerade unterwegs ist, es gibt immer jemanden, der einen mit seinem Verkehrsverhalten stört und zu Adrenalinschüben Anlass gibt. Dabei wird nicht nur von oben nach unten getreten, auch Verkehrsteilnehmer aus der eigenen Liga werden nach Kräften beschimpft, angehupt, genö-
tigt und behindert oder gefährdet. Selbst vor Tätlichkeiten ist niemand sicher, obwohl hier bereits Straftatbestände sanktioniert werden könnten. Nur: Wer sollte das tun? Die Behörden kommen mit alltäglichen Bagatellen nicht mehr hinterher, Verkehrsverstöße aus dem fließenden Verkehr einer wuseligen Großstadt (sofern sie nicht zu den Geschwindigkeitsdelikten zäh-
len …) gehen im Grundrauschen einfach unter. Wo kein Kläger, da kein Richter!
Woran liegt das aber? Wie so oft ist das nicht in wenigen Worten zu beantworten. Wer Verkehrs-Psychologen befragt, wird immer wieder zwei Denkansätze präsentiert bekommen: Der eine entstammt der online-Welt, in der fast folgenlos auf übelste Weise geschimpft und diskriminiert werden kann, weil ja alles so schön anonym ist. Das wird zunehmend auf die reale Welt übertragen. Der zweite Grund sind die zahlreichen Einschränkungen in vielen gesellschaftlichen Bereichen: Aus Sicherheits-, Klimaschutz-, Nachhaltigkeits- und Ideologiegründen wird in die Selbstbestimmung des Einzelnen eingegriffen, was von diesem mit Aggression beantwortet wird. Der Straßenverkehr kann hier als Experimentierfeld gelten: Je mehr Parkplätze wegfallen, Fahrspuren zu Radwegen werden und zeitgleich auf parallelen Hauptstraßen Baustellen eingerichtet werden, desto stärker fühlen sich Autofahrer bevormundet. Zeitgleich gibt es aber durch die nun besseren Radwege mehr Radfahrer, die mit Platzproblemen unter ihresgleichen auf den Radstreifen zu kämpfen haben und doch lieber auf den Gehweg ausweichen. Und wer dort meckert und den Stock schwingt, kann man sich denken…. Wer weniger Aggressionen im Straßenverkehr haben möchte, sollte sich in diesem Zusammenhang nach den alten Griechen richten: panta rhei, alles fließt. Auch der Verkehr!