Es ist noch gar nicht lange her, da stand der Name Tina Heine für das Elbjazz Festival, das sie 2010 aus der Taufe gehoben hatte. 2015 stieg die Gründerin und Gesellschafterin überraschend aus und wandelt seitdem auf anderen Pfaden. Denn die 44-Jährige ist seit letztem Jahr die neue künstlerische Leiterin von „Jazz & The City“ in Salzburg.
Im Gespräch verriet uns die sympathische Mutter zweier Töchter, ob sie sich schon eingelebt hat und wie es zu dieser „Auswanderung“ kam.
Frau Heine, Sie hatten mehrere Gründe Ihr „Baby“ – das Elbjazz Festival – zu verlassen. Dazu kommen wir später, aber war es denn auch geplant, dass Ihr zukünftiges Betätigungsfeld Sie nach Österreich verschlägt?
Nein, ich habe gar nicht aktiv nach einem neuen Job gesucht, weil ich vom Kopf her noch nicht 100-prozentig mit Elbjazz abgeschlossen hatte. Ein guter Freund von mir, Michael Batz, wusste von meinem inneren Kampf und hat meinen Namen in Salzburg ins Spiel gebracht, als dort nach dem Tod des langjährigen Festivalleiters Gerhard Eder ein Nachfolger gesucht wurde. Allerdings hatte sich die Geschäftsführerin des Altstadt-Verbandes Inga Horny nicht getraut mich anzurufen, weil sie nicht dachte, dass ich wirklich Interesse hätte. Als mich wenig später Michael Batz fragte, ob ich denn einen Anruf aus Salzburg bekommen hätte, und ich verneinte, stellte er direkt einen Kontakt über sein Handy her. Zwei Tage vor Weihnachten flog ich nach Salzburg, nach ein paar Gesprächen war klar, dass es passt, und ich habe angenommen.
Seitdem pendeln Sie.Sind Sie denn mittlerweile schon richtig in Salzburg angekommen und willkommen?
Ich bin immer drei Wochen in Hamburg und eine in Salzburg, das ist perfekt. Dort habe ich eine kleine Wohnung im Grünen gefunden, und wenn ich dort ankomme, bin ich sofort zu Hause. Ich habe zwar da einen 12 bis 14 Stunden Tag, aber dennoch ist es ein bisschen wie Urlaub für mich. Dort bin ich ein wenig ein anderer Mensch und habe eine andere Perspektive, das mag ich. Ich habe auch dort schon Freunde gefunden und ein sehr herzliches Verhältnis zu meinen beiden Kolleginnen, die mich sogar auch zu Familienfesten mitnehmen. Generell haben mir die Salzburger viel Herzlichkeit entgegengebracht und mir gesagt, wie stolz sie sind, mich hier zu haben. Daran musste ich mich erst mal gewöhnen, denn in der eigenen Stadt ist man meistens viel weniger wert. In Salzburg bekommt die Kultur mehr Wertschätzung und die Menschen definieren sich darüber. Nicht unbedingt über Jazz, aber die Leute dort sind sehr offen und aufgeschlossenen.
Im April 2016 haben Sie Ihre neue Aufgabe als künstlerische Leiterin angenommen und im Oktober musste schon das erste „Jazz & The City“ unter Ihrer Leitung stattfinden. Keine leichte Aufgabe.
Das stimmt. Denn es war noch nichts gemacht. Ich kannte die Stadt nicht, das Festival nicht. 40 Locations sollten mit 100 Konzerten bespielt werden, es war noch kein Künstler fest gebucht. Dabei hatte ich noch zeitgleich mit der Rückabwicklung vom Elbjazz zu tun. Bei aller Vorfreude über die neue Aufgabe hatte ich auch Bedenken, dass ich die Erwartungen nicht erfülle. Ich war viel aufgeregter als bei meinem ersten Elbjazz, weil ich ein gut laufendes Festival, das jeder besser kennt als ich, übernehmen musste. Aber es ist gut ausgegangen. „Jazz & The City“ war ein voller Erfolg, auch meine eingeführten Neuerungen.
Welche waren das und wird es in diesem Jahr auch Änderungen geben?
Das Festival war immer gratis, aber es gab die Regelung, dass es für wichtige Konzerte Zählkarten gab, die man sich zwei Wochen vorher besorgen musste. Dieses Ticketsystem fand ich problematisch. Man will sich auf so einer Veranstaltung treiben lassen und nicht vorher entscheiden, wo man hingeht. Also haben wir das abgeschafft. Um trotzdem den reibungslosen Ablauf zu gestalten, habe ich weniger große Acts auf den Hauptbühnen auftreten lassen, dafür mehr öffentliche kleine Orte mit noch unbekannten Künstlern bespielt. Also weg von den großen Namen, die kommen sowieso in die Stadt, und hin zu noch unentdeckten Talenten. Dieses Jahr will ich das auch noch verstärken und z. B. auch ein Kinderprogramm anbieten.
Das klingt so, als ob 2017 schon alles durchgeplant ist?
In meinem Kopf alles, 90 Prozent der Künstler sind schon gebucht, der erste Programmflyer ist auch schon fertig. Also liege ich sehr gut in der Zeit. Das war mir auch wichtig, nachdem das letzte Jahr so stressig war. Ich habe es sogar geschafft, in diesem Jahr Urlaub zu machen. Obwohl ich mich auch einfach nur darauf freue, 2–3 Wochen Ferien zu Hause zu machen, mal endlich den Garten zu genießen oder etwas mit der Familie zusammen zu machen. Außerdem lese ich wahnsinnig gerne, bin häuslich, räume auf und koche in Ruhe und lade Freunde ein. Auch der Morgen ist mir heilig, früher war ich mit Zahnbürste und Schlafanzug am Rechner. Jetzt bin ich davon weg und frühstücke in Ruhe. Vielleicht schaffe ich es sogar mal, mit meinem Mann Badminton zu spielen.
Haben Sie denn der Kunst und Kultur Hamburgs jetzt komplett den Rücken zugedreht oder gibt es noch Berührungspunkte?
Natürlich bleibe ich meiner Wahlheimat weiterhin verbunden. Nachdem mich 2016 zum ersten Festival 50 Elbjazz- Fans, Förderer und Sponsoren in Österreich besucht haben, habe ich Anfang Juni 12 Salzburger Kunstinteressierte hier empfangen. Sie haben dabei auch die Besucher vom letzten Jahr wiedergetroffen. Ich habe mit ihnen mein „altes“ Elbjazz besucht – natürlich mit ein bisschen Wehmut. Das Team und ich waren immer eine große Elbjazz-Familie und haben uns jedes Jahr darauf gefreut, uns wiederzusehen. Ich vermisse die Menschen und das Ganze hinter den Kulissen, die Herausforderungen, die wir immer gemeinsam gerockt haben, die beginnende Routine und die Zusammenkünfte mit gegrillten Würstchen, bevor es losging. Aber ich konnte so nicht weitermachen, der kommerzielle Druck war zu groß und das Ganze sollte noch kommerzieller ausgerichtet werden. Das wäre nicht mehr meins gewesen. Ich glaube, ich hätte mehr vermisst, wenn ich Elbjazz unter diesen Vorzeichen weitergemacht hätte. Ich habe meinen Frieden damit gemacht, meine ehemaligen Gesellschafter machen das jetzt auf ihre Art und Weise und ich habe gemerkt, dass doch Salzburg sehr schnell sehr präsent für mich geworden ist.