Nah und wunderbar

Das Rathaus von Papenburg, Fotos: Detlef Berg
Das Rathaus von Papenburg, Fotos: Detlef Berg

Wo das Glück unserer Träume greifbar ist, das kann ein Platz am anderen Ende der Welt sein oder direkt um die Ecke. Jeder hat seine Sehnsuchtsziele, die er gerne einmal besuchen oder wiedersehen möchte. Jetzt in der Ferienzeit ist es für viele ein weit entfernter Urlaubsort. Manche möchten oder können aber nicht weit fahren oder sind noch unentschlossen. Wir können da vielleicht eine Entscheidungshilfe leisten: Frei nach dem Motto: „Warum in die Ferne schweifen …“ stellen wir Ihnen ein paar nahe Sehnsuchtsorte vor, die Sie begeistern werden.

Wer den Zug von Hamburg nimmt, muss in Bremen und in Leer umsteigen. Von Berlin aus erreicht man die Stadt im nördlichen Emsland über Hannover. Mit dem Auto braucht man drei bzw. fünf Stunden. Das ist etwas umständlich, aber die Reise lohnt sich. Papenburg wurde Mitte des 17. Jahrhunderts als erste deutsche Moorkolonie gegründet. Vieles in der Stadt erinnert bis heute an diese Zeit Im Freilicht-Museum Von-Velen-Anlage im Ortsteil Obenende erfährt man mehr über den Torfabbau. Ludger Stukenborg erwartet uns am Eingang. Der Vorsitzende des Vereins Papenbörger Hus versteht sich als Hüter der Stadtgeschichte und engagiert sich für Erhalt und Ausbau des Museums. „Hier zeigt die Stadt ihr ursprüngliches Gesicht und Sie bekommen alles Wissenswerte über das Leben und den Alltag der ersten Siedler präsentiert“, sagt er. Wir erfahren, dass der Drost Dietrich von Velen 1631 das „Gut Papenborg“ erwarb, um die umliegenden Moore zu erschließen und um dann auf den abgetorften Flächen Landwirtschaft zu betreiben. Dazu ließ er nach holländischem Vorbild eine Fehnkolonie anlegen und im Laufe der Jahre entstanden Kanäle von insgesamt 43 Kilometern Länge. Die Arbeitsbedingungen im Papenburger Moor waren hart. Mit „Sticker und Jaoger“ stachen die Siedler von Mai bis August fast täglich ein „Dagwark“ Torf, etwa 1.200 Torfstücke. Der nasse Torf wurde auf einer Karre oder später kleinen Kipploren zum Trocknen gebracht.

„In solchen einfachen Moorkaten haben die ersten Siedler gelebt“, sagt Stukenborg und führt uns in eine fensterlose Kate, gebaut aus Birkenstämmen, Reisig und Heideplaggen. Die Einrichtung war denkbar einfach und bestand zumeist aus einer aus ungehobelten Brettern zusammengezimmerten Schlafbutze mit Strohsack und Schaffell als Bettzeug sowie einem Tisch und einer Holzbank. Mensch und Vieh lebten unter einem Dach, ohne Heizung, Licht oder Wasser. Hunger, Krankheiten und Tod waren deshalb ständige Begleiter. „Wer besonders viel abgetorft hat, konnte sich später vielleicht ein kleines Steinhaus leisten“, erklärt Stukenborg. Die Zahl der Fenster sei das Zeichen für den Wohlstand, erfahren wir. Stukenborg führt uns zu einem ansehnlichen Haus mit drei Fenstern. „Dort hat ein Torfhändler gewohnt“, erklärt er. „Torf gab es ja im Überfluss, nicht alles konnte vor Ort verheizt werden. Einige pfiffige Siedler kamen auf die Idee, den Torf gewinnbringend zu verkaufen. Mit Plattbodenschiffen transportierten sie das Material zu den ostfriesischen Ziegeleien, später sogar bis nach Emden, Bremen und Hamburg. Die ersten Schiffe wurden gekauft, aber bald entstanden am Kanal eigene kleine Werften.“ Im 19. Jahrhundert waren 192 hochseetüchtige Schiffe in Papenburg gemeldet. Insgesamt sechs Nachbauten erinnern an diese Zeit. Im Hauptkanal, der Flanier- und Einkaufsmeile der Stadt mit zahlreichen urigen Restaurants und Cafés liegt ein Nachbau der Brigg „Frederike von Papenburg“. Zusammen mit dem Rathaus ist es eines der beliebtesten Fotomotive in der Stadt.

Kreuzfahrtschiffe zum Anfassen – das verspricht die interaktive Erlebnis-Ausstellung in der Meyer Werft. Seit mehr als 25 Jahren entstehen dort die modernsten und umweltfreundlichsten Kreuzfahrtschiffe. Im mittlerweile von der 7. Generation geführten Familienunternehmen müssen Hunderte Zulieferer und tausende Mitarbeiter wie ein gut eingespieltes Orchester zusammenarbeiten, um in etwa 36 Monaten Bauzeit aus rund 15 Millionen Einzelteilen einen Ozeanriesen entstehen zu lassen. Beim Rundgang werfen wir auch einen Blick in das Trockendock. Etwa 100 Blöcke – vergleichbar mit Legosteinen – werden dort zusammengefügt, allerdings wiegen die Blöcke etwa 1.200 Tonnen.

Fußgängerzone, Fotos: Detlef Berg

Papenburg gilt auch als Kräuterhauptstadt Europas. Die Erfolgsgeschichte begann vor über 30 Jahren, als ein Papenburger Gärtner in Skandinavien den Kräutertopf entdeckte. Das „Geschäft mit der Frische“ müsste doch auch bei uns funktionieren, dachte er. Richtig – heute produzieren 49 in einer Genossenschaft zusammengeschlossene Familienbetriebe über 90 Millionen Kräutertöpfe. Vor allem Basilikum, Petersilie und Schnittlauch sind gefragt. Aber auch Salatgurken, Tomaten und Salate liefern die Papenburger nach ganz Deutschland.

www.papenburg-marketing.de
www.besucherzentrum-meyerwerft.de