Vor 30 Jahren rief Peter Quirin gemeinsam mit Weggefährten die Dithmarscher Kohltage ins Leben. Damit wollte er etwas Nachhaltiges für die Region schaffen und die Stärken des Westküstenkreises betonen. Seitdem wird in der dritten vollen Septemberwoche dieses Erntefest der besonderen Art gefeiert: in diesem Jahr vom 20. bis zum 25. September.
Was sind Dithmarschens Stärken und was zeichnet die Region aus? Diese Frage stellte sich der „Vater“ dieser Traditionsveranstaltung und kam 1986 zu folgender Antwort: Mit rund 80 Millionen jährlich geernteten Kohlköpfen gilt Dithmarschen als größtes zusammenhängendes Anbaugebiet Europas. Der Kohl war schnell als Markenzeichen gefunden. Als Vorbild diente das Oktoberfest in München. Peter Quirin brachte seine ganze Erfahrung als Unternehmer ein und nutzte seine Kontakte, um das Fest mit Leben zu füllen: „Am Anfang musste ich viele Hürden überwinden. Zunächst mochte niemand daran glauben, dass ein Produktfest in Dithmarschen gelingen könnte. Viele sagten, das sei zu teuer und man finde keine Unterstützer.“ Von diesen Zweifeln ließ sich der gebürtige Hamburger nicht entmutigen. Quirin hielt an seiner Vision fest: „Die Dithmarscher Kohltage sollten alle Gewerke und Unternehmen, von der Landwirtschaft bis zur Kultur, aus der Region verbinden, getragen von der ehrenamtlichen Arbeit, um Gäste für Dithmarschen zu begeistern.“ An das erste Anschnittsfest 1987 auf dem Versuchsfeld der Gemüsezucht-Genossenschaften in Marne (heute Rijk Zwaan Marne GmbH) erinnert sich Quirin noch sehr gut: „Wir waren fünf Leute und standen bei strömendem Regen auf dem matschigen Kohlfeld. Anschließend feierten wir in einer Gaststätte.“ Nach dieser verregneten Premiere wuchsen die Dithmarscher Kohltage kontinuierlich an und die Besucher kommen mittlerweile von weit her, um die Eröffnung und den Anschnitt zu feiern. Man kann also sagen, dass die Veranstaltung auch Pionierarbeit geleistet hat – so Quirin. „Die Kohltage wurden selbst zum Vorbild für weitere norddeutsche Produktfeste.“
Charmeoffensive für den Kohl
Traditionell repräsentieren seit 1988 zwei Kohlregentinnen die Dithmarscher Kohltage. Aktuell sind Maren Glatter und Silke Nöhren im Amt. „Mit der Kohlregentschaft erfülle ich mir einen lang gehegten Traum. Denn seit meiner Kindheit stellen die Kohlregentinnen etwas Besonderes dar und stehen auch für meine Heimat Dithmarschen“, erzählt Silke I. Ihre Mitstreiterin hat während ihrer Amtszeit viele positive Eindrücke gesammelt: „Es sind neue und interessante Kontakte entstanden. Und die Leute freuen sich auch immer, wenn sie uns sehen, und nehmen uns besonders herzlich in Empfang.“ Die beiden Damen, deren Amtszeit zwei Jahre dauert, haben nicht nur während des Herbst-Events Saison, sondern sind als Werbeträgerinnen überregional unterwegs wie beispielsweise auf der Grünen Woche in Berlin oder als Gast auf bundesweiten Produktfesten. Ihre Kleider wurden übrigens speziell für die Dithmarscher Kohltage entworfen. Sie nehmen die Farben Rot und Weiß des Kreiswappens auf und enthalten Details ursprünglicher Bauernkleidung wie den Gürtel: Mit der Knopfanzahl zeigte die Trägerin die Hektargröße ihres Hofes an: Ein Knopf steht dabei für zehn Hektar.
„Walk of Kohl“
Hollywood in Marne? Statt eines „Walk of Fame“ in Los Angeles gibt es zu Ehren der beiden Repräsentantinnen den Regentinnenstieg in Marne, genauer gesagt in der Steinstraße. Dieser feierte zum 30. Geburtstag Premiere. Zukünftig sollen alle Kohlregentinnen mit einer Bodenfliese aus Spezialton mit Namen, Heimatort, Amtszeit sowie einem individuellen Motiv verewigt werden. „Mit dem Stieg würdigen wir die Regentinnen, die entscheidend zum Erfolg der Kohltage beitragen“, erklärt Frank Eschenbach, Leiter des Fachdienstes Bauverwaltung und Stadtentwicklung des Amtes Marne-Nordsee.
Fakten rund um das Nationalgemüse
Dithmarschen ist Europas größtes zusammenhängendes Anbaugebiet für Kohl. Der Marschboden und das milde Klima an der Westküste schaffen ideale Bedingungen für das vitamin- und mineralstoffreiche Gemüse. Rund 280 landwirtschaftliche Gemüseanbaubetriebe gibt es in Dithmarschen. Rund 217.000 Tonnen Kohl reifen hier auf den Feldern. Weißkohl wird am meisten angebaut. Außerdem werden hier Rot-, Wirsing-, Blumen- und Rosenkohl sowie weitere Arten wie Chinakohl, Brokkoli, Grünkohl und Kohlrabi geerntet. Der Pionier des Kohlanbaus war der Wesselburener Gärtner Eduard Lass, der um 1889 mit dem Nationalgemüse der Region experimentierte. Dabei fand Lass heraus, dass der Marschboden und das Klima an der Westküste ideale Bedingungen für den Kohlanbau boten, und vereinbarte mit der Marineverwaltung einen Liefervertrag über eine größere Menge an Weißkohl. 1892 gründete er das erste Gemüseversandgeschäft und machte deutschlandweite Geschäfte. Ein Ehrenmal steht vor dem KOHLosseum in Wesselburen, um an die Geburtsstunde des Kohlanbaus in Dithmarschen zu erinnern.