Kaufen oder nicht kaufen?

Foto: Anika Schönfeldt Immobilien
Foto: Anika Schönfeldt Immobilien
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Und wenn ja, wo und wann? Dies und noch einige Fragen mehr haben wir an Anika Schönfeldt-Schulz gestellt haben, die nicht nur in Hamburg ein eigenes Maklerbüro besitzt, sondern darüber hinaus die Vorsitzende des IVD Nord (Immobilienverband Deutschland IVD Verband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen Region Nord e. V.) ist.

Liebe Frau Schönfeldt-Schulz, das Jahr geht zu Ende, Corona wird uns aber offensichtlich weiterhin begleiten. Wie macht sich diese Situation auf dem Immobilienmarkt im Norden und insbesondere in Hamburg und dem Speckgürtel bemerkbar? (Wertsteigerung von Wohneigentum)
Generell kann man sagen, dass die Nachfrage nach Wohneigentum in Deutschland immer noch ungebrochen ist, die Corona-Situation hat diesen Trend seit 2020 auch noch verstärkt. Der deutsche Wohnungsmarkt ist derzeit von drei wesentlichen Trends gekennzeichnet: Erstens: Die Mietpreisdynamik lässt weiter nach. Das dritte Jahr in Folge fallen die Mietpreissteigerungen im Bundesdurchschnitt geringer aus als zum Vorjahr. Die Mietpreisdynamik liegt weiter im Rahmen der Inflationsrate, derzeit sogar darunter. Die Mietpreissteigerungen in Hamburg und Schleswig-Holstein fallen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt nur gering höher aus, in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen sind sie stabil. Zweitens: Die Nachfrage nach Wohneigentum steigt. Die Wertzuwächse bei Eigentumswohnungen, Einfamilienhäusern und Reihenhäusern bewegen sich auf dem Niveau der vergangenen Jahre. Drittens: Gleichzeitig ist eine Ausweichbewegung von den Großstädten in die ländlicheren Regionen bzw., hier in Hamburg, in die Hamburger Vororte oder ins Hamburg Umland zu beobachten. Diese Bereiche profitieren am meisten von der neuen Flexibilität des Arbeitens im Home-Office.

Wie wird sich die Lage Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr entwickeln?
Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Wohneigentum auch weiterhin hoch bleibt. Vielen Menschen ist in der Corona-Krise, verstärkt durch die Möglichkeit des mobilen Arbeitens bzw. Homeoffice, bewusst geworden, wie wichtig die eigenen vier Wände sind – sei es als Wohnung, Reihenhaus oder Einfamilienhaus. Solange die Zinsen niedrig sind und die Nachfrage höher als das Angebot ist, werden die Preise für Immobilien auf dem aktuellen Niveau bleiben. Viele Verkäufe werden außerdem weiter abseits der großen Immobilienportale stattfinden.

Wer jetzt trotz steigender Preise Eigentum erwerben möchte, aber nicht so viel Kapital zur Verfügung hat, sollte die Finger davonlassen oder wären vielleicht Alternativen in einem nicht so „angesagten“ Viertel die Lösung?
Die anhaltenden Wertzuwächse der letzten 10 Jahre, sind natürlich immer „des einen Freud und des anderen Leid“. Wer jetzt verkaufen möchte oder muss, kann sich über den Wertzuwachs seiner Immobilie im Falle eines Verkaufs freuen. Wer jetzt kaufen möchte, muss natürlich als erstes seinen finanziellen Spielraum prüfen. Das sollte immer unabhängig von einer derzeitigen Marktsituation erfolgen. Insbesondere bei selbstgenutztem Eigentum, steht die langfristige Finanzierbarkeit und der Nutzen der Immobilie als zukünftiges Zuhause im Vordergrund. Nicht eine mögliche Wert- bzw. Immobilienmarktentwicklung. Erst, wenn die Finanzierung geklärt ist, sollte man sich auf die Suche nach einer passenden Immobilie machen. Es war schon immer so, dass beliebte Standorte und angesagte Viertel der Wunschimmobilie vielleicht nicht immer ins Budget passen. Dann wird man die Umkreissuche erweitern oder seine Ansprüche etwas anpassen müssen. Das ist ja quasi bei jedem Kauf und erst recht bei einer so bedeutenden Investition immer der Fall.

Wie sieht die Lage bei Ferienimmobilien wie beispielsweise an der Küste aus, um entweder selbst einen Rückzugsort zu haben oder um zu investieren? Ist dafür jetzt der richtige Zeitraum?
Ehrlich gesagt: der Zeitpunkt des Kaufs passt doch eigentlich nie! Vor 10 Jahren kamen uns die Preise auch hoch vor und rückwirkend betrachtet, hätte man eigentlich alles kaufen können… Die Work-Life-Balance ist den Menschen wichtiger als je zuvor und kleine Auszeiten in Norddeutschland, statt großer Fernreisen, entsprechen dem aktuellen Zeitgeist. Das gastronomische Angebot ist außerordentlich gut und die Leute können mit E-Bikes die Landschaft erkunden. Dazu sind Ferienimmobilien in Bezug auf Corona „sicherer“ und können meistens mit dem eigenen Auto erreicht werden. Es bleibt festzuhalten: In allen Ferienregionen hat die Nachfrage stark zugenommen.

Nun ist gerade Sylt ein Traum von vielen Kaufinteressenten, aber dort explodieren die Preise. Gibt es dennoch eine Chance oder sollte man sich lieber auf einer anderen Insel oder einem kleinen unbekannteren Küstenort seinen Traum verwirklichen?
Das ist eine gute Frage. Die Ferienimmobilie als persönlichen Rückzugsraum, also zur privaten Nutzung ist vollkommen anders zu betrachten als eine Immobilieninvestition, wie eine Ferienimmobilien zur Vermietung. Das eine ist vielleicht eine Erfüllung eines persönlichen Traums, den man sich leisten möchte, das andere eine komplexe Investition in eine spezielle Renditeimmobilie. Wenn es nun mal Sylt sein muss, dann gibt es keine Alternative dazu. Solange man seine Traumimmobilie dort nicht findet, wird man sich etwas mieten oder ins Hotel gehen. Wenn es um eine rein monetäre Betrachtung geht, kann man als Kapitalanlage auch sehr gut andere Inseln und Küstenregionen auswählen.

Foto: Anika Schönfeldt Immobilien

Sie sind Vorsitzende des IVD Nord und damit auch für Mecklenburg-Vorpommern zuständig, wie entwickelt sich dort der Immobilienmarkt?
Kurzgefasst: die Wohnungsmieten in Mecklenburg-Vorpommern sind stabil, die Nachfrage nach Wohneigentum steigt weiter. Jedoch bleiben Wohnimmobilien in Mecklenburg-Vorpommern trotz steigender Wertentwicklung der vergangenen Jahre für viele Käufer noch erschwinglich. Neben den großen Städten Rostock und Schwerin holen auch viele kleinere Gemeinden bei der Wertentwicklung auf. Im Zuge der Pandemie verstärkt sich auch hier die Nachfrage nach Wohneigentum. Zudem bleibt der Inlandsurlaub beliebt, weswegen viele Ferienimmobilien entlang der Ostseeküste im Wert steigen.

Wo sehen Sie im gesamten Norden eher eine gute und bezahlbare Chance auf Eigentum: beim Kauf einer Immobilie oder beim eigenen Hausbau?
Es beginnt mit der Frage: Will ich urban in einer Eigentumswohnung wohnen oder will ich ein Haus mit Garten im Grünen? Der Ort, an dem ich eine Immobilie kaufe, der mein zukünftiges Zuhause sein soll, ist ja – bis auf einen praxistauglichen Umkreis – meist festgelegt. Da spielen viele Faktoren eine Rolle: Entfernung zum Arbeitsplatz, Kindergärten, Schulen, Versorgung vor Ort, Nähe zu Freunden und Familie. Dieses „Immobilien-Suchumfeld“ hat sich seit Corona natürlich verändert und ist größer geworden. Städte, wie Lüneburg, Flensburg, Kiel und Lübeck, sowie Schwerin und Rostock sind für viele attraktiver geworden, die in Hamburg keine Immobilie finden. Mit zunehmender Erschließung der ländlichen Regionen können auch hier die Speckgürtel mit schönen Immobilien zu erschwinglichen Preisen punkten. Die Erfahrung zeigt auch immer wieder, dass viele in ihre Heimatregionen zurückkehren. Ich bin z.B. in Bremen aufgewachsen und mittlerweile sind alle Freunde, die wie ich, in den letzten 20 Jahren in Hamburg gelebt haben, wieder nach Bremen zurückgezogen. Dort ist ein Haus erschwinglicher und die Familie ist in der Nähe. Der Wunsch nach einem eigenen Haus ist bei vielen Menschen sehr groß.

Foto: Martina van Kann

Nun möchten oder können nicht alle sich eine eigene Immobilie zulegen, wie stellt sich die derzeitige Lage auf dem Wohnungsmarkt in Bezug auf die Mietenentwicklung dar?
Bezahlbarer Wohnraum ist sicherlich nicht nur ein politisches Ziel, sondern auch ein gesellschaftliches, für das wir uns alle einsetzen sollten. Jedoch sind Mietpreisbremse, Mietendeckel und sonstige nicht zielführende Eingriffe sicherlich keine Lösung des eigentlichen Problems. Oft helfen diese Eingriffe nur Besserverdienern eine günstigere Wohnung zu bekommen. Für diejenigen, die wirklich dringend eine bezahlbare Wohnung brauchen, erhöht sich nur die Konkurrenz der Mitbewerber. Es gilt, das Angebot zu vergrößern durch bauen, bauen, bauen. Das zeigt sich sehr gut am Hamburger Modell „Bündnis für das Wohnen“.
Für das interessante Interview bedankt sich Martina Reckermann

www.ivd-nord

INFO: Aktuelle Pressemitteilung des Senats: Das „Bündnis für das Wohnen in Hamburg“ ist mit dem ULI Germany Leadership Award im Bereich Stadtplanung/Administration ausgezeichnet worden. Das Urban Land Institute (ULI) würdigt mit dem Preis das großartige Miteinander von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft für zukunftsorientiertes, nachhaltiges Denken und Handeln, das die Hamburger Wohnungspolitik seit 2011 maßgeblich prägt. Geehrt werde damit in erster Linie das gemeinsame Bündnis, das lösungsorientiert Herausforderungen angehe, um neuen Wohnraum errichten zu können.